Schwalbe hat geschrieben:
Beim Tag des offenen Hofes bekommen die Leute ja Gelegenheit, sich landwirtschaftliche Betriebe anzuschauen. Aber ich habe noch nicht gehört, dass große Schweine- oder Geflügelmastbetriebe ihre Tore geöffnet haben. Wahrscheinlich wäre das aus hygienischen Gründen auch gar nicht möglich. Und Fenster, durch die man schauen könnte, existieren bei solchen Ställen wohl auch nicht. Meistens gibt es Milchkühe mit niedlichen Kälbchen zu besichtigen.
Genau das ist der Punkt! Wir lassen keine Menschen, außer die dort arbeitenden, mehr in die Ställe! Die Milchviehhalter haben den Vorteil, das ihre Ställe offen sind und das die Kuh um Höchstleistung zu erbringen nun mal den sogenannten Kuhkomfort benötigt. Im Milchviehbereich gelten komischerweise 1.000 Kühe auch nicht als Massentierhaltung. Warum ist das so lieber Verbraucher? Vielleicht doch mediengesteuert, oder wegen der oben erwähnten totalen Entfremdung und Abschottung der anderen Stallarten?
Was bedeuten grosse Tierzahlen an einem Standort denn überhaupt? Weiss jemand von Ihnen, das die Tiere trotzdem in separaten Abteilen gehalten werden und gar nicht zusammen in "Massen" unter einem Dach? Und wieso macht es dann einen Unterschied ob ich 1x 120 Schweine (= ca. 1 Abteil) oder 10x120 Schweine halte? Meine Tierbetreuung und -kontrolle bleibt pro Tier gleich, lediglich meine Arbeitszeit verlaengert sich und das ich bei hoeheren Tierzahlen hoehere Verluste habe, duerfte einleuchten. Die Relativzahl waere hier die entscheidende Größe und nicht der in den Medien so gerne gezeigte (weil spektakuläre?) volle Kadaverbehaelter. Auch in der oekologischen Haltung oder bei Neuland verenden Tiere. Das ist leider so. Den Tierhaltern jedoch zu unterstellen, das mit kaltem Herzen hinzunehmen, ist nich fair. Mich reut jedes Tier, das tot aus dem Stall gezogen wird und ich moechte betonen nicht aus finanziellen Gruenden, sondern weil es sich hierbei um ein Lebewesen handelt.
Und was auch immer wieder hinter der Traumvorstellung des im Boden wühlenden Glückschweins zurückbleibt, ist die Tatsache, das unsere Schweine unter den angeblich "quälerischen" Haltungsbedingungen gute Leistungen zeigen. Passt das zusammen? Ist es Ihnen persönlich möglich im Job top zu sein, wenn Sie gequält von Ihren "Haltungsbedingungen" wären? Es ist schlichtweg falsch, wenn man unterstellt, das die Tiere keines Ihrer natürlichen Bedürfnisse befriedigen könnten. Sie gehen beispielsweise nicht wühlend auf Nahrungssuche, wie es Ihre Natur wäre und die Sauen können tatsächlich kein Nest für ihre Ferkel bauen und ja, sie leben in einer reizarmen Umwelt. Aber sie bekommen an Ihre Bedürfnisse angepasstes Futter, können zwischen den Futterzeiten ruhen, es wird darauf geachtet, das sie durch Kälte und Zugluft nicht krank werden, kranke Tiere lässt man nicht leiden, sondern behandelt sie. Und ich habe nicht den Eindruck, beim Stalldurchgang nur gequälte Kreaturen vor mir zu haben.
Aber ich gebe auch zu, das sich unsere Haltungsformen im Schweine-und Gefluegelbereich in den letzen Jahren nicht groß entwickelt haben. Auch hier sieht es im Milchviehbereich deutlich besser aus. Und ich bin auch der Meinung das sich das hin zu mehr Tiergerechtheit ändern wird.
Aber die zu treffenden Entscheidungen sollten fachkundig untermauert und nicht propagandistisch motiviert erfolgen. Und ich bitte zu bedenken, das wir, die wir hier diskutieren vermutlich finanziell die Wahlmöglichkeit an der Fleischtheke haben. Aber was ist mit den Bevölkerungsgruppen, die a) weder Ihr Konsumverhalten ändern wollen, noch b) deutlich höhere Preise hinnehmen können? Konzepte wie Neuland sind gut und wie die gesamten Diskussionen hier wichtig, aber sie werden sich nicht auf die Breite übertragen lassen. Es muss andere Konzepte geben, die höhere Standards für die Tiere gewährleisten, aber uns Landwirten und unseren Mitarbeitern ein angemessenes Einkommen sichern. Um das unschöne Wort der "Massentierhaltung" (was immer es bedeutet), werden wir meiner Meinung nach jedoch nicht umhinkommen.