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Kulturlandschaftsgestalter

Verfasst: Di 10. Jul 2012, 21:03
von einwohner
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Es ist unstrittig, dass die strohgedeckten Häuser u. a. auf der Butterverpackung nicht mehr in jeder ausgeräumten Landschaft in MV zu finden sind.
Das Bild der Land- und Ernährungswirtschaft ist wirklich "über weite Strecken unrealistisch u. zum Teil sogar idealistisch verklärt" (http://www.mensch-und-land.de/ziele_2.php).
Das ist ein Ergebnis der Dienstleister der Marketingwirtschaft.
Die Dienstleistung der Landwirte dagegen, die Gestaltung unserer Kulturlandschaft, sorgt für die wachsende Differenz zwischen Marketingwelt u. Realität:
Die jahrhundertealte Artenvielfalt der Wiesen u. Weiden ist z.B. stark rückläufig.
http://www.bund.net/themen_und_projekte ... undweiden/
Infolge überpflügter aufgegebener Hofstellen u. Gärten sind historisch gewachsene Pufferzohnen an den Dorfrändern verschwunden.
Der Kontrast zwischen hochmotorisierter moderner Agrartechnik u. dörflicher Idylle ist direkt erlebbar.
Für eine bessere Akzeptanz der Kulturlandschaftsgestalter wäre eine besondere Dienstleistung der Landwirte unumgänglich:
Im Rahmen des Greening sollten Schutzstreifen um die Dörfer in Abstimmung mit deren Einwohnern gepflanzt werden.

Re: Kulturlandschaftsgestalter

Verfasst: Mi 11. Jul 2012, 19:24
von Landmaus
hallo Einwohner, da möchte ich doch gleich ausrufen; danke für die Schutzstreifen um unsere Dörfer, auch ein kleiner Zaun für die letzten Dorfbewohner und ein Schild mit der Aufschrift"Füttern verboten" wäre nicht schlecht...

Ich halte die Kulturlandschaft in ihrer zur Zeit bewirtschafteten Form für gut, produktiv und historisch gewachsene Landschaft. Vor die Wahl gestellt, würden viele Menschen ein gut bestelltes und gepflegtes Feld einer Unkrautwiese als Anblick vorziehen. Was hat eine als Greening deklarierte Fläche mehr, als ein mit Getreide, Kartoffeln, Mais oder Lupinen bestelltes Feld.
Ich halte die Zahlungen für die Landbewirtschaftung für gerechtfertigt an unsere Bauern denn über Generationen wurde von diesem Berufsstand unsere Landschaft geprägt und geschützt. Ich halte es auch für falsch, wenn sich Nichtfachleute in einem starken Umfang anmaßen, gegen das tiefe Gespühr der Landwirte und ihr Fachwissen romantische Ideale auf eines der wichtigsten Gebiete unserer Volkswirtschaft zu bringen.

Re: Kulturlandschaftsgestalter

Verfasst: Do 12. Jul 2012, 15:14
von Schwalbe
Ich kenne viele Leute, die einen Schutzstreifen um ihre Grundstücke begrüßen würden. Damit könnte man auch einen gewissen Abstand zwischen den eigenen Garten und die Giftspritze des Landwirtes bringen. Leider wird eben oft nicht nach guter fachlicher Praxis gedüngt oder gespritzt. Nach meinem Eindruck gibt es immer mehr Agrarindustrielle, die den Namen "Landwirt" gar nicht mehr verdienen. Bei diesen Leuten vermisse ich jegliches Gespür für ihre Umwelt. Fachwissen allein, ohne Verantwortungsgefühl für unsere Lebensgrundlagen- gesunde Böden, sauberes Wasser! usw. nützt da auch nichts. Subventionen sollten meiner Meinung nach an strenge Auflagen gebunden sein. Die Agrarpolitikpolitik in M-V trägt zur Entvölkerung ganzer Regionen bei, das können wir uns nicht leisten. Der ländliche Raum ist für alle da, jeder darf hier mitreden! Übrigens ist der Anteil der Landwirtschaft an der Bruttowertschöpfung in M-V lächerlich gering. Kleine landwirtschaftliche Betriebe in anderen Regionen Deutschlands erzielen wesentlich bessere Betriebsergebnisse.

Re: Kulturlandschaftsgestalter

Verfasst: Do 12. Jul 2012, 15:14
von Schwalbe
Ich kenne viele Leute, die einen Schutzstreifen um ihre Grundstücke begrüßen würden. Damit könnte man auch einen gewissen Abstand zwischen den eigenen Garten und die Giftspritze des Landwirtes bringen. Leider wird eben oft nicht nach guter fachlicher Praxis gedüngt oder gespritzt. Nach meinem Eindruck gibt es immer mehr Agrarindustrielle, die den Namen "Landwirt" gar nicht mehr verdienen. Bei diesen Leuten vermisse ich jegliches Gespür für ihre Umwelt. Fachwissen allein, ohne Verantwortungsgefühl für unsere Lebensgrundlagen- gesunde Böden, sauberes Wasser! usw. nützt da auch nichts. Subventionen sollten meiner Meinung nach an strenge Auflagen gebunden sein. Die Agrarpolitikpolitik in M-V trägt zur Entvölkerung ganzer Regionen bei, das können wir uns nicht leisten. Der ländliche Raum ist für alle da, jeder darf hier mitreden! Übrigens ist der Anteil der Landwirtschaft an der Bruttowertschöpfung in M-V lächerlich gering. Kleine landwirtschaftliche Betriebe in anderen Regionen Deutschlands erzielen wesentlich bessere Betriebsergebnisse.

Re: Kulturlandschaftsgestalter

Verfasst: Mo 23. Jul 2012, 15:24
von LUMV
Ich habe mit einigem Interesse den Vorschlag zum "Greening" gelesen. Allerdings sind Grünstreifenanpflanzungen um Dörfer wohl nicht mit dem gemeint, was die EU-Kommission beabsichtigt. Es soll vielmehr mit drei europaweit anwendbaren und vor allem konrollierbaren Maßnahmen ein Mehrwert für die Umwelt geschaffen werden. Es geht - vereinfacht ausgedrückt - um ein Mindestmaß an Fruchtfolgegestaltung, um die Erhaltung des Dauergrünlandes und darum, mindestens 7 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche (außer Grünland) als ökologische Schwerpunktfläche auszuweisen und entsprechend nachhaltig zu bewirtschaften, beispielsweise Randstreifen an Gewässern, wo nicht gespritzt und nicht gedüngt wird. An diese Greening-Maßnahmen sollen künftig 30 Prozent der Direktzahlungen, die ein Betrieb erhält, gebunden werden. Verstößt er dagegen oder nimmt er nicht teil, dann soll auch der übrige Teil der Direktzahlungen in den Folgejahren gekürzt oder gar gänzlich gestrichen werden. Es geht also darum, die öffentlichen Gelder für die Landwirte an möglichst überall in Europa anwendbare Leistungen zu knüpfen. Das mag unterschiedlich beurteilt werden, je nach Standpunkt, aber es geht insgesamt in die richtige Richtung.

Re: Kulturlandschaftsgestalter

Verfasst: Di 24. Jul 2012, 07:39
von einwohner
Der Zweck meines Beitrags war die Problematisierung des Kontrastes zwischen Sein und Schein auf dem Lande.
Was die EU-Kommission wirklich beabsichtigt, ist da vielleicht nicht gänzlich deckungsgleich. Aber selbst EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos warnte vor einer unglaubwürdigen Reform, mit der man die Öffentlichkeit kaum noch von der Notwendigkeit der Agrarsubventionen überzeugen könne.
Als Einwohner unseres schönen Landes habe ich versucht, angedachte Rahmenbedingungen (wie das Greening) in Bezug zur derzeitigen Lebensrealität neuer Bevölkerungsgruppen auf den Dörfern zu bringen. Dabei ging es mir in erster Linie nicht einmal um die Subventionszahlungen für die gewaltigen Ländereien sondern nur um die ökologische 7%-Hürde, die von den Agrarpolitikern gerne gemieden wird.
Es geht - vereinfacht ausgedrückt - um ein Mindestmaß an Fruchtfolgegestaltung, um die Erhaltung des Dauergrünlandes und darum, mindestens 7 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche (außer Grünland) als ökologische Schwerpunktfläche auszuweisen und entsprechend nachhaltig zu bewirtschaften, beispielsweise Randstreifen an Gewässern, wo nicht gespritzt und nicht gedüngt wird. An diese Greening-Maßnahmen sollen künftig 30 Prozent der Direktzahlungen, die ein Betrieb erhält, gebunden werden... Das mag unterschiedlich beurteilt werden, je nach Standpunkt, aber es geht insgesamt in die richtige Richtung.

Ja, es geht in die richtige Richtung, wenn Schutzstreifen ohne Spritz und Dung, nicht nur als Randstreifen an Gewässern sondern auch um die Dörfer entstehen.
So können sich, ausgehend von der Artenvielfalt der Gartenlandschaften, neue ökologische Schwerpunktflächen entwickeln.
Denn nach dem Scheitern des Projektes einer Gartenakademie Mecklenburg-Vorpommern hatte Minister Backhaus im vergangenem Frühjahr verkündet: "Dies ändert jedoch nichts an meiner positiven Haltung gegenüber dem Projekt "Natur im Garten", von dem ich mir für Mecklenburg-Vorpommern eine große Ausstrahlungswirkung erwarte. Das Land wird sich deshalb weiter darum bemühen, dieses Projekt notfalls in anderer Trägerschaft umzusetzen."
Der neue Träger ist gefunden. Landschaftpflegeverband Mecklenburger Endmoräne e.V. hat einen Antrag über LEADERalternativ für 451.887,57 € gestellt.
Vor diesem Hintergrund kann über Schutzstreifen um Dörfer neu nachgedacht werden.
Akzeptanz beginnt mit Akzeptanz.

Re: Kulturlandschaftsgestalter

Verfasst: Di 24. Jul 2012, 13:49
von LUMV
Hallo Kulturlandschaftsgestalter, jetzt verstehe ich den Gedanken, den Du formuliert hast, besser. Dennoch ist es immer auch eine Eigentumsfrage, selbst wenn Dörfer mehr "grün" um sich herum wollten, die Flächen sind ja meist nicht einfach frei verfügbar. Die größten Flächennutzer sind nun einmal die Landwirtschaftsbetriebe im Haupt- und Nebenerwerb von denen wir derzeit 4.725 im Land haben. Ohne sie geht eine Pflege unserer Kulturlandschaft nicht. Andererseits muss auch auf der Seite der Bewirtschafter eine größere Bereitschaft erzeugt werden, naturschutzfachlich mehr zu tun. Im Sternberger Endmoränengebiet - auch ein Landschaftspflegeverband - läuft dazu derzeit gerade ein interessantes Projekt, wo betriebsbezogen Flächen erfasst bzw. ausgewiesen werden, auf denen jetzt schon Naturschutz stattfindet (z.B. FFH-Gebiete, Vogelschutz, Gewässerschutz, Biberschutz) oder die sich für den Natur- und Artenschutz besonders eignen. Dabei wird einerseits deutlich, dass es in den Betrieben oft noch an Wissen und knowhow fehlt, wie man Naturschutz und betriebswirtschaftliche Belange in Einklang bringen kann und anderseits auch schon sehr viel geleistet wird, ohne groß darüber zu reden. Übrigens nahezu ein Drittel unserer Landesfläche unterliegt europäischem Naturschutzstatus, soviel wie in keinem anderen Bundesland. Das heißt längst nicht, dass es nicht noch viel zu tun gäbe, aber es liegt eben auch nicht alles im Argen.

Re: Kulturlandschaftsgestalter

Verfasst: Di 24. Jul 2012, 14:21
von einwohner
Hallo LUMV ( ist das eine Abkürzung für das landwirtschaftliche Umweltministerium?), die größten Kulturlandschaftsgestalter sind bei uns in jedem Fall die Landwirtschaftsbetriebe im Haupt- und Nebenerwerb. Die Eigentumsfrage (incl. langfristige Pachtverträge) bilden dafür die Grundlage u. die neue EU-Regelung schafft den Anreiz, auf diesen Flächen ökologisch sinnvol so zu agieren, dass Subventionen nicht versiegen.
Landwirte, welche die Interessen betroffener Einwohner nicht aus den Augen verlieren, haben langfristig bessere Überlebenschancen
in der modernen Gesellschaft, die nicht nur die Möglichkeiten des Informationsfreiheitsgesetzes ausschöpfen könnte.
Ja, es liegt noch nicht alles im Argen.

Re: Kulturlandschaftsgestalter

Verfasst: Mi 25. Jul 2012, 10:42
von Landmaus
hallo Einwohner, sicher kann ich noch nachvollziehen, wenn sich jemand Streifen um die Dörfer ohne Chemie wünscht, aber warum ohne Dung? Das ist doch nun wirklich der gesündeste Dünger, den man Pflanzen zugestehen muß. Wer gegen Gülle ( Wasser + Exkremente-Gemisch) und Stalldung ( Kot+Harn+Stroh Gemisch) ist, der muß sich selber fragen, womit bitte sollen die Pflanzen denn ernähret werden? Nur mit Luft und Regen geht das nicht. Selbst Verbraucher, die der Produktion von Nahrungsmitteln schon sehr fern sind, können sich doch vorstellen, dass man auch seine Haustiere mit Futtermitteln, die Mineralien , Spurenelemente, Proteine und sonstige Stoffe enthalten, ernähret. Und nichts anderes ist das auch bei Pflanzen. Die brauchen ebenfalls die unterschiedlichsten Stoffe, um zu wachsen. Also bitte bei dem entrüsteten Sturm auf pflanzengerechte Mengen von Gülle nicht nur an das eigne Näschen denken sondern auch daran, dass man hier von natürlichen Nährstoffen für unsere Ackerkulturen spricht.

Re: Kulturlandschaftsgestalter

Verfasst: Mi 25. Jul 2012, 10:48
von LUMV
Hallo Einwohner (sorry, habe gestern falsche Anrede benutzt). Ja, LUMV steht für Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz. Bin also einer von denen, die an der Diskussion interessiert sind, möchte mit diskutieren, aber nicht dominieren. Würde mich übrigens freuen, wenn in diesem Forum tatsächlich auch mal über Dienstleistungen gesprochen würde, die Landwirte erbrigen könnten, jenseits von Ackerbau und Viehzucht. Also mehr in Richtung ländliches Unternehmertum.
Viele Leute beklagen die soziale Lage und die wirtschaftliche Situaton von Gemeinden im lädlichen Raum. Der demografische Wandel führt dazu, dass wir schon bald noch viele weniger und im Schnitt noch viel älter sind. Zuzug ist eher die Ausnahme und auch dann sind es meist ältere Menschen, die hierher ziehen (wegen der Natur und der Ruhe). Also sind die Landwirtschaftsbetriebe (große und kleine) oftmals die einzigen nennenswerten Unternehmen im Dorf...müssten oder könnten sie dann nicht neue Geschäftsfelder erschließen. Also neben Hofläden oder Tourismus auch Basisdienstleistungen für die Leute im Dorf...würden die Landwirte dann nicht eine ganz neue Rolle ausfüllen können und an Akzeptanz gewinnen?
Das sollte in diesm Forum auch besprochen werden, vor allem von Landwirten selbst..die vermisse ich...sind aber wohl alle in der Ernte?! -:)